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Ukraine-Krieg: Gastbeitrag von drei Professoren des TUM Campus Straubing

TUMCS | PM | 07.03.2022

Angesichts der steigenden Strom- und Kraftstoffpreise durch den Ukraine-Krieg stellt sich in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion im Moment auch die Frage, ob Deutschland nicht durch die verstärkte Nutzung nachwachsender Rohstoffe oder die Umstellung auf die Wasserstoffwirtschaft unabhängig von russischen oder gar generell ausländischen Öl- und Gaslieferungen werden könnte. In einem gemeinsamen Gastbeitrag skizzieren die drei Professoren Prof. Jakob Burger, Prof. Nicolas Plumeré und Prof. Volker Sieber vom Green Fuel Center (GFC) der Technischen Universität München am Campus Straubing, welche Handlungsmaßnahmen sich für die deutsche Regierung im Sinne einer nachhaltigen Energiepolitik ergeben.

Eine Ölpipeline auf Stelzen in einer schneebedeckten Landschaft beim ersten Sonnenlicht. Die Pipeline läuft diagonal von rechts nach links in den Horizont.

Die Explosion der ohnehin schon steigenden Energiepreise durch den Ukraine-Krieg zeigt die Abhängigkeit Deutschlands von importierten fossilen Energieträgern. Foto: Robzor/Pixabay.

Bereits heute sind rund 50 Prozent des Stroms im Land erneuerbar erzeugt. Da sollte die zweite Hälfte auch nicht so schwierig sein, möchte man denken. Außer Acht gelassen wird dabei, dass Kraftstoffe, Heizmittel und Energie für die Industrie nur zu einem Bruchteil aus erneuerbaren Quellen wie Biomasse produziert und gewonnen werden.

In Deutschland ist es schwer möglich, die geringe Menge an nutzbarer Biomasse zu steigern, weil Flächen nur eingeschränkt zur Verfügung stehen und nicht ausbaubar sind. Trotzdem ließe sich Biomasse – und hier insbesondere diejenige, die als Reststoffe anfällt – besser nutzen, wenn sie in Prozessen unter Einbeziehung von elektrischer Energie bzw. Wasserstoff in flüssige und gasförmige Energieträger umgewandelt würde. Dafür braucht es nicht nur richtige Verfahren, sondern auch mehr erneuerbare Stromproduktion. In absehbarer Zeit kommt Deutschland hier nicht an Importen von „grüner Energie“ in Form von Strom oder Wasserstoff bzw. dessen Derivaten wie Methanol herum. Allerdings sollten nur biogen erzeugte Treibstoffe importiert werden, welche aus Reststoffen produziert wurden, die anderweitig nur verbrannt würden und nicht durch Verlust von natürlichen Habitaten und Biodiversität erzeugt wurden.

Entsprechend ergeben sich drei Handlungsmaßnahmen für die Regierung:

  1. Zunächst muss die Gewinnung von erneuerbarer Energie in Form von Strom massiv ausgebaut werden. Für den Norden Deutschlands sind Windkraftanlagen sinnvoll, für den Süden eher Photovoltaik. Eine weitere Option ist, auch in Photovoltaik oder Solarkraftwerke in südlicheren, sonnenreicheren Ländern zu investieren und diese Energie dann zu importieren. Damit ließen sich bei gleichen Investitionen deutlich höhere Stromausbeuten erzielen, was vor allem für die wirtschaftliche Erzeugung von Energieträgern wie Wasserstoff von Vorteil wäre.
  2. Die Nutzung von Biomasse (insbesondere von Reststoffen) zur Stromerzeugung sollte reduziert werden. Wichtiger wäre – wie bereits beschrieben –, Biomasse stattdessen in gasförmige oder flüssige Energieträger wie Methan oder Ethanol umzuwandeln, um so Importe zu ersetzen.
  3. Es ist entscheidend, die Technologien zur Umwandlung von elektrischer Energie in lagerfähige flüssige und gasförmige Energieträger über Wasserstoff voranzubringen. Im Fokus müssen dabei Forschung und Entwicklung an diesen Technologien sowie der Bau von Demonstrations- und Produktionsanlagen stehen. Diese Anlagen müssen flexibel im Takt der erneuerbaren Stromproduktion betrieben werden können, um die anfallende elektrische Energie mit maximaler Energieeffizienz umwandeln zu können. Zur Herstellung der lagerfähigen Energieträger wird neben Energie auch eine nachhaltige Quelle für Kohlenstoff benötigt. Biomasse bietet sich hier perfekt an und muss in die Entwicklungen einbezogen werden.

Unabhängig von diesen Maßnahmen gilt natürlich immer, dass das Einsparen von Energie oberste Prämisse ist, um weniger von Öl- und Gasimporten abhängig zu sein.

Am TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit (TUMCS) setzt das Green Fuel Center (GFC) neue Maßstäbe in der Herstellung erneuerbarer Kraftstoffe. Durch optimale Kombination von Bioenergie und erneuerbarer elektrischer Energie entwickeln die Forscherinnen und Forscher am GFC neue Kraftstoffherstellungspfade für die nachhaltige Mobilität von morgen. Das GFC integriert dabei alle Entwicklungsschritte von der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung über die verfahrenstechnische Pilotierung bis zur Nachhaltigkeitsbewertung. Durch seine Vernetzung mit industriellen Partnern und innerhalb des TUM-Verbunds stellt das GFC Praxistauglichkeit und schnelle Umsetzung sicher.