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Claudia Doblinger ist seit 2018 Professorin für Innovation und Technology Management in Straubing. (Bild: Haas/ SRT)

TUM-Professorin Claudia Doblinger weist Nutzen staatlicher Forschung für Start-ups nach

Straubinger Tagblatt | 11.05.2019 | Simon Haas

Was kann die Politik tun, um bei Klimawandel und Umweltzerstörung das Ruder noch herumzureißen? Während die Parteien hitzig über eine CO2-Steuer diskutieren, zeigt TUM-Professorin Claudia Doblinger vom Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit in einer neuen Studie, dass es sich auch lohnt, auf der anderen Seite anzusetzen: bei der Entwicklung „sauberer“ Technologien. Gemeinsam mit zwei Kolleginnen der Universität Cambridge und der Universität von Maryland hat die Professorin der Technischen Universität München (TUM) untersucht, wie staatliche Forschungseinrichtungen zum Erfolg von Start-up-Unternehmen in diesem Sektor beitragen können – mit Ergebnissen, die auch politischen Diskussionsstoff bieten.

In der Studie, die jüngst in der renommierten Fachzeitschrift Research Policy veröffentlicht wurde, haben die Forscherinnen Start-ups in den USA untersucht, die Produkte etwa in den Bereichen erneuerbare Energien oder Recycling entwickeln. Sie konnten dabei zeigen, dass die Zusammenarbeit mit staatlichen Forschungseinrichtungen die Chance der neu gegründeten Unternehmen auf Investorengelder erhöht – und zwar deutlich.

Interdisziplinärer Ansatz passt zu Straubing

Hinter dem Projekt stecke eine interdisziplinäre Gruppe, erläutert Doblinger in ihrem Büro am TUM-Campus in Straubing: Die Wirtschaftswissenschaftlerin arbeitete an der Harvard-Universität mit der Politikwissenschaftlerin und chemischen Ingenieurin Laura Diaz Anadon und der Physikerin Kavita Surana zusammen. Der interdisziplinäre Ansatz sei auch ein wesentlicher Grund für sie gewesen, nach Straubing zu gehen. Es sei „genau die Idee dieses Standorts“, dass Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen sich gegenseitig weiterbringen, erklärt die Professorin: „Ich fühle mich hier extrem gut aufgehoben.“

Die Frage, die sich die drei Forscherinnen stellten, fasst Doblinger so zusammen: „Welche Voraussetzungen brauchen Start-ups, um am Markt erfolgreich zu sein?“ Die bestehende Forschung zu diesem Thema beschäftige sich vor allem mit Technologiefirmen im Silicon Valley. Das Problem bei den sauberen Technologien: Im Vergleich zu anderen Tech-Start-ups seien hier die Entwicklungszyklen deutlich länger. Dadurch ist es schwieriger, schnell ein Produkt auf den Markt zu bringen – die Attraktivität für potenzielle Investoren sinkt.

Um herauszufinden, wie es Start-ups gelingen kann, innovative Produkte auf den Markt zu bringen, sahen sich die Forscherinnen die Kooperationspartner von rund 650 Start-ups an: andere Unternehmen, staatliche Forschungsinstitutionen, Universitäten und private Forschungseinrichtungen. Dabei können die Start-ups in den Vereinigten Staaten auf das Know-how staatlich finanzierter Forschungseinrichtungen – sogenannter „National Laboratories“ – zurückgreifen.

Das Ergebnis: Unter allen Kooperationspartnern sind es vor allem die staatlichen Einrichtungen, die über den Erfolg der Start-ups entscheiden. Unternehmen, die über Technologielizenzen mit staatlichen Institutionen zusammenarbeiteten, waren bei der Suche nach Investorengeldern im Schnitt mehr als doppelt so erfolgreich wie die Konkurrenz, die das nicht tat.

Lohnende Investitionen in angewandte Forschung

Den Grund dafür sehen die Autorinnen der Studie vor allem darin, dass angesichts der langen Entwicklungsdauer die von den Forschungseinrichtungen bereitgestellten Technologien entscheidend seien, um schnell ein Produkt auf den Markt zu bringen. Das Wissen der staatlichen Institute ist damit eine wichtige Starthilfe für einen erfolgreichen Markteintritt.

Politisch brisant sind diese Forschungsergebnisse vor allem in den Vereinigten Staaten: Die Regierung von Präsident Donald Trump arbeitet immer wieder darauf hin, eben diese staatlichen Forschungsprogramme zurückzufahren. Die Unsicherheit in der Start-up-Szene in den USA sei daher groß, sagt Doblinger. In Deutschland hätten sich die Rahmenbedingungen dagegen in den vergangenen Jahren verbessert. Direkt auf Deutschland übertragbar seien die Ergebnisse der Studie jedoch nicht, erklärt Prof. Doblinger. Die Studie zeige aber, wie wichtig es ist, von staatlicher Seite in die Entwicklung neuer Technologien zu investieren und damit dann gezielt Start-ups zu unterstützen. Denn: „Es hilft ja nichts, wenn das Wissen da ist, aber nichts damit passiert.“

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