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„Ja, das ist schon alles ziemlich gut gelaufen“, sagt Professor Dominik Grimm über seine bisherige Karriere – eine dezente Untertreibung angesichts seiner Laufbahn. − Foto: Schweighofer, PNP

Mit gerade mal 32 Jahren wird der Plattlinger Dominik Grimm Professor für Bioinformatik – Über eine spannende Karriere in einem spannenden Fach

 

von Dominik Schweighofer | Passauer Neuer Presse | 20.08.2018

Ja, das ist schon alles ziemlich gut gelaufen“, sagt Dominik Grimm und grinst spitzbübisch. Schließlich weiß er ganz genau, dass die Worte „ziemlich gut gelaufen“ reichlich untertrieben sind. Mit gerade einmal 32 Jahren ist aus dem Plattlinger Dominik Grimm Professor Dominik Grimm geworden. Und fast noch erstaunlicher ist es für ihn, dass er als Bioinformatiker zurück nach Niederbayern kommen konnte: als Professor der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf an den Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit der Technischen Universität München (TUM). „Das war praktisch wie ein Sechser im Lotto“, sagt Grimm.

Auf die richtigen Gleise gesetzt wurde diese außergewöhnliche Karriere schon in der Schulzeit. Dominik Grimm interessiert sich am Deggendorfer Robert-Koch-Gymnasium für alles, was mit Biologie, Chemie und Informatik zu tun hat. Und da er sich nicht entscheiden will, sucht er nach einem Fach, in dem er seine Interessen kombinieren kann. Er findet Bioinformatik und damit einen noch jungen Studiengang, der nur an wenigen Standorten in Deutschland angeboten wird. Einer davon ist in Freising an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, wo für Dominik Grimm eine „super Zeit“ beginnt.

Nun ist Bioinformatik eines dieser Fächer, bei dem man als Laie interessiert nickt, wenn einer davon erzählt, in Wirklichkeit aber nicht viel Ahnung hat, worum es eigentlich geht. Im Prinzip könnte man Bioinformatiker als die guten Geister der Wissenschaften beschreiben. Sie kommen ins Spiel, wenn’s richtig schwierig und umfangreich wird.

Ein Beispiel: Wenn ein Biologe das menschliche Genom entschlüsselt, dann entstehen dabei so viele Daten, dass sie ein Mensch unmöglich alleine sichten kann. Er braucht die Unterstützung von Computern und intelligenten Algorithmen, um aus dem Datenwust Hypothesen darüber formulieren zu können, was hier biologisch eigentlich passiert. Bioinformatiker entwickeln mit Hilfe des Maschinellen Lernens und der Künstlichen Intelligenz die Programme dazu. Dominik Grimm beschreibt es so: „Wir sind Informatiker und die Biologie ist unsere Fremdsprache, damit wir überhaupt verstehen, was die Biologen eigentlich von uns wollen. Das ist schwierig, weil die sehr komplexe Systeme und Fachbegriffe haben.“

Bevor für Dominik Grimm zum 1. März 2018 der Ruf als Professor nach Straubing kommt, ist der 33-Jährige für Forschungspraktika in Sydney und Cambridge. Seine Doktorarbeit schreibt er am Max-Planck-Institut in Tübingen, seinen Postdoc macht er in Basel an der ETH-Zürich. Anschließend arbeitet Grimm in einem Biotechnologieunternehmen bei München. „In der Wirtschaft war es auch interessant“, sagt er. Trotzdem muss er nicht lange überlegen, als die Professorenstelle in Straubing ausgeschrieben wird. Stichwort: Sechser im Lotto.

Das ist er auch deshalb, weil am Straubinger TUM-Campus so viel Bewegung herrscht. „Wir haben viele neue Studiengänge“, erzählt Dominik Grimm. „Im Wintersemester startet zum Beispiel Bioökonomie – die ist als Bachelorstudiengang einzigartig in Deutschland.“ Ein junger Campus mit vielen jungen Professoren und einem großen Potenzial. Hier entwickle sich in Zukunft noch viel Interessantes, so sieht der Plattlinger seinen Arbeitsplatz.

Und daran arbeitet Grimm voller Elan mit: Er hält Vorlesungen, betreut Studenten und Praktikanten, korrigiert Prüfungen, hält Vorträge auf internationalen Konferenzen und sucht sich in der vorlesungsfreien Zeit gerade sein eigenes Team zusammen. „Ich gehe jetzt zweieinhalb Wochen zum Wandern, aber ich könnte auch komplett durcharbeiten bei der vielen Arbeit“, sagt er. Und weiter: „Kein Problem, es macht mir ja alles Spaß!“

Vorallem, dass es in der Forschung keinen Stillstand gibt, dass man höllisch aufpassen muss, überhaupt am Ball zu bleiben, fasziniert ihn. Grimm selbst forscht derzeit überwiegend an Pflanzen. Gibt es bestimmte genetische Merkmale, die für bestimmte Krankheiten verantwortlich sind? Oder die auf der anderen Seite festlegen, dass Pflanzen gegen Viren oder Schädlinge resistent sind? Und wie kann man dann über effiziente Züchtungen Pflanzen entwickeln, die zum Beispiel eine Resistenz gegen den zerstörerischen Weizensteinbrand in sich tragen? „Das könnte dann auch den Einsatz von Spritzmitteln verhindern“, ist Grimm überzeugt.

Ein weiteres Steckenpferd des jungen Professors sind sogenannte Cloud-Anwendungen im Internet. Dort können sich Wissenschaftler einloggen, ihre Daten hochladen und werden vom Programm durch die Schritte, die sie für ihre Analyse brauchen, geführt, ohne sich mit den komplizierten mathematischen Modellen dahinter beschäftigen zu müssen. Hilfe zur Selbsthilfe auf hohem wissenschaftlichen Niveau quasi.

Es sind jedenfalls die Zukunftsfragen der Menschheit, an denen Prof. Dominik Grimm aktiv forscht oder mit denen er zumindest immer wieder in Berührung kommt. Die personalisierte Medizin etwa. Konkret also die Möglichkeit, Medikamente herzustellen, die genau auf jedes Individuum abgestimmt sind. Die Frage nach alternativen Energieformen, die Stoffe aus Erdöl durch biologische, nachwachsende Rohstoffe ersetzen. Oder die Künstliche Intelligenz (KI) – nicht nur in Hollywood der Stoff für große Träume und noch größere Albträume.

Darauf angesprochen lacht Dominik Grimm erst einmal. „Also von der Weltherrschaft der KI sind wir extrem weit entfernt. Computer denken nicht selbstständig, sondern versuchen Entscheidungen zu treffen und zwar aufgrund von Mustern, die sie in vielen Daten erkannt haben, die wir nicht mehr überblicken können.“ Trotzdem müsse man mit dem wissenschaftlichen Fortschritt selbstverständlich auch die ethischen Richtlinien weiterentwickeln, so Grimm. Ebenso wie die Wissenschaft selbst sei hier die Politik gefordert. So wie auch beim massiven Umbau der Arbeitswelt, den die fortschreitende Digitalisierung zwangsläufig mit sich bringt. „Es müssen frühzeitig die richtigen Weichen gestellt werden, was Ausbildung und Studiengänge betrifft“, sagt Dominik Grimm.

Von Zukunftspessimismus hält Grimm nichts Den Zukunftspessimismus vieler Menschen will der junge Professor jedenfalls nicht teilen und nennt das Beispiel Arbeitsplätze: „Da hat man beim Siegeszug der Computer schon gedacht, dass viele Arbeitsplätze wegfallen würden. Es sind eher mehr entstanden. Und genauso glaube ich, dass wir durch die Künstliche Intelligenz zwar andere Arbeitsplätze haben werden – aber nicht weniger.“ Er jedenfalls, so Dominik Grimm, sei ein „reiner Optimist“.

Das betrifft übrigens auch sein Leben abseits der Arbeit. Grimm lebt in Plattling, an den Wochenenden fährt er zu seiner Frau, einer promovierten Biologin, an den Ammersee. Innerhalb des nächsten halben Jahres will das junge Paar aber in der Umgebung der Isarstadt zusammenziehen. „Ich bin hier sehr verwurzelt“, sagt der 33-Jährige. Kein Wunder, schließlich ist der Name Grimm in der Stadt beinahe allgegenwärtig. Dominiks Vater Gerhard Grimm war viele Jahre stellvertretender Vorsitzender des TSV Plattling, die Onkels Eugen und Josef sind als Bauverwaltungsleiter beziehungsweise scheidender Chef des Kulturamts bekannt. „Wir werden schon was finden hier“, meint Dominik Grimm und lächelt wieder entspannt. Ist doch schließlich bis jetzt auch alles „ziemlich gut gelaufen“.