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Sophie Schattenkirchner | Straubinger Tagblatt | 30.05.2020

Dr. Barbara Beer und Simon Pickart vom TUMCS erhalten den Straubinger Wissenschaftspreis

Den Straubinger Wissenschaftspreis erhalten in diesem Jahr Dr. Barbara Beer in der Kategorie Promotion und Simon Pickart in der Kategorie Masterarbeit. Gestiftet wird der Preis, der auf insgesamt 3 000 Euro dotiert ist, vom Verein Hochschulstadt und dem Rotary Club Straubing. Aufgrund der Corona-Krise findet heuer keine Verleihung statt – wir haben uns deshalb per Telefon mit den beiden Preisträgern unterhalten.

Wissenschaftspreisträger Simon Pickart

Wissenschaftspreisträger Simon Pickart

In nur knapp über fünf Monaten hat Simon Pickart aus Lindau seine Masterarbeit „Qualitative und quantitative Analyse von Biomasseheizwerken mit Abgaskondensation und Wärmepumpen“ verfasst. Der Student der Nachwachsenden Rohstoffe mit Schwerpunkt Energetische Nutzung am TUM-Campus Straubing erhielt dafür die Note 1,0.

Pickart habe mit seiner Leistung gezeigt, dass im „zeitlich kurzen Rahmen der Masterarbeit exzellente Ergebnisse erzielbar“ seien, bescheinigt sein Themensteller Prof. Dr.-Ing. Matthias Gaderer, der die Professur für Regenerative Energiesysteme am TUM-Campus inne hat. Ziel der Arbeit war, Biomasseheizwerke technisch zu bewerten, die mit feuchtem Hackgut befeuert werden und bei denen der im Rauchgas enthaltene Wasserdampf durch Integration einer Wärmepumpe kondensiert wird. „Die Kondensation des Wasserdampfs im Abgas wird als Abgaskondensation bezeichnet und ermöglicht die zusätzliche Nutzung der Kondensationswärme für Heizzwecke“, schreibt Gaderer weiter.

Student aus Lindau spielte in der Stadtkapelle

Pickart sei es gelungen, geeignete Biomasseheizwerke im In- und Ausland auszuwählen. Dafür entwickelte er eine leitfadengestützte Interviewmethode. „Der Einsatz dieser Art der Analyse in Verbindung mit energietechnischen Anlagen ist neuartig.“ Neu sei außerdem die Kombination der Ergebnisse der qualitativen Analyse mit denen der quantitativen Analyse. Dadurch sei eine umfassende Darstellung des jeweiligen Heizwerks möglich, stellt Gauderer fest. Eines der wesentlichen Ergebnisse von Pickarts Arbeit: Durch Integration der Abgaskondensationstechnik in Kombination mit einer Wärmepumpe könne die Wärmenutzung in den realisierten Anlagen um 15 beziehungsweise 32 Prozent gesteigert werden. Außerdem werden dadurch der Brennstoffverbrauch und die CO2-Freisetzung reduziert.

Pickart erhält für seine Auszeichnung mit dem Wissenschaftspreis 1 000 Euro. Darüber habe er sich sehr gefreut, erzählt der 27-Jährige. Es gebe viele sehr gute Studenten am TUM-Campus Straubing. Sein Betreuer habe ihn ermutigt, ebenso habe er Unterstützung vom Lehrstuhl erhalten.

Pickart macht derzeit IT-Kurse. „Alles coronabedingt“, sagt er. Die Zeit möchte er nutzen, um besser programmieren zu können. Künftig möchte er in der Wirtschaft arbeiten. Das Thema Energie interessiere ihn deshalb so, da man Kosten einsparen und die Umwelt schonen könne. „Man kann etwas bewirken.“

Wissenschaftspreisträgerin Dr. Barbara Beer

Wissenschaftspreisträgerin Dr. Barbara Beer

Zwei Jahre studierte er in Straubing, war sogar Perkussionist in der Stadtkapelle. „Es war eine sehr schöne Zeit.“ Die Straubinger seien sehr offen, die Stadt biete viele Möglichkeiten und sei nicht so anonym wie Großstädte wie München. In der Kategorie Promotion erhält Dr. Barbara Beer für ihre Arbeit mit dem Titel „Etablierung von in vitro Enzymkaskadenreaktionen für die Synthese von 1,4-Butandiol“ den mit 2000 Euro dotierten Wissenschaftspreis. Ihre Dissertation wurde als „Mit Erfolg bestanden“ bewertet.

In ihrer Dissertation beschäftigte sie sich mit der Nutzbarmachung nachwachsender Rohstoffe für die chemische Industrie unter Einsatz von isolierten Enzymen. „Die Arbeit befasst sich mit der enzymatischen Umsetzung von Glucose zu verschiedenen Zwischenstufen, die für die Synthese der wichtigen Industriechemikalie 1,4-Butandiol benötigt werden“, schreibt Prof. Dr. Volker Sieber, Rektor des TUM-Campus, in seiner Würdigung. Dieses Molekül, so Sieber, werde weltweit in großen Mengen verwendet und wurde bis vor kurzem ausschließlich aus Rohöl hergestellt. „Mittlerweile existieren erste biotechnologische Ansätze für die Synthese von 1,4-Butandiol aus nachwachsenden Rohstoffen.“ Die Produktionskosten seien jedoch sehr hoch. Dr. Barbara Beer habe in ihrer Dissertation einen alternativen biokatalytischen Ansatz erarbeitet, „der verschiedene Nachteile des existierenden Prozesses umgehen soll“.

„In Straubing haben wir eine Heimat gefunden“

Bei der Untersuchung der Enzyme zeigte ein Enzym „weitere interessante Eigenschaften“, so Sieber. Dies habe zur Anmeldung einer Patentschrift durch die TU München geführt. „Die aktuellen Forschungen am Lehrstuhl bauen stark auf den Arbeiten von Dr. Barbara Beer für die weitere Etablierung dieser und neuer Enzymkaskaden auf, mit deren Hilfe nachwachsende Rohstoffe in Grund- und Feinchemikalien umgesetzt werden können.“

Sie sei sehr stolz auf die Auszeichnung, erzählt Barbara Beer. Die 33-Jährige arbeitet als Postdoc am Lehrstuhl für Chemie Biogener Rohstoffe. Barbara Beer hat inzwischen eine Familie gegründet und lebt im Landkreis. Zuvor hatte sie in Regensburg studiert und gewohnt. „In Straubing haben wir eine Heimat gefunden.“


„Ergebnisse sofort umsetzbar“ – Im Gespräch mit Stiftern und Oberbürgermeister Markus Pannermayr

Zum elften Mal wäre in diesem Jahr der Straubinger Wissenschaftspreis in einer würdigen Feier verliehen worden. Corona hat das unmöglich gemacht. Wir sprachen mit Franz Prebeck, Vorsitzender des Hochschulstadtvereins, Johannes Pielmeier, Präsident des Rotary Clubs Straubing, und Oberbürgermeister Markus Pannermayr.

Der Wissenschaftspreis für Nachwachsende Rohstoffe wird jedes Jahr je zur Hälfte vom Hochschulstadtverein und dem Rotary Club Straubing gestiftet. „Das Wichtigste an unserer Veranstaltung sind immer die Preisträger“, betont Franz Prebeck, Vorsitzender des Hochschulstadtvereins. Daher sei es sehr schade, dass diese „klugen Köpfe“ dieses Jahr nicht in der Öffentlichkeit gewürdigt werden.

Das Gremium mit Prof. Dr. Dr. habil. Josef Boxberger von der Universität für Bodenkultur in Wien und Prof. Dr. med. Armin Kurtz von der Uni Regensburg und Leopoldina habe die Promotion und die Masterarbeit nach Inhalt und Ausarbeitung bewertet. „Der Wissenschaftspreis“, sagt Prebeck, „ist einer der bedeutendsten Preise in der Region.“ Prebeck freut, dass die ausgezeichnete Dr. Barbara Beer in der Region lebt, dennoch sei der Wissenschaftspreis auch international: Im vergangenen Jahr erhielt ihn ein Wissenschaftler aus Indien.

„Eine Auszeichnung für die Lehre in Straubing“

Die Masterarbeit von Simon Pickart habe deshalb so beeindruckt, da die Ergebnisse kurzfristig umsetzbar seien, erklärt Prebeck. Es sei eine „hervorragende Sache“, mit einer Arbeit Energie und Kosten einsparen zu können – und das unmittelbar nach dem Erscheinen. „Das bringt uns was.“ Das zeichne den Wissenschaftspreis aus: Man wolle Arbeiten aus dem Bereich Nachwachsende Rohstoffe und Energie am Kompetenzzentrum fördern, deren Ergebnisse sofort umsetzbar sind. „Ebenso ist der Preis eine Auszeichnung für die Lehre in Straubing und eine Werbung für den Studienort Straubing und die Region.“

„Wir wünschen den Preisträgern alles Gute und dass ihr Weg auch weiterhin so erfolgreich weitergeht“, sagt Johannes Pielmeier, Präsident des Rotary Clubs Straubing. Es sei wirklich sehr schade, dass der Preis in diesem Jahr nicht in einer Feier verliehen werden kann. Die Qualität der Arbeiten und des Preises sei sehr hoch. Das Gremium habe auch in diesem Jahr wieder würdige Preisträger ermittelt.

„Ich bin sehr dankbar, dass der Verein Hochschulstadt und die Rotarier jährlich diesen Preis ausloben“, betont Oberbürgermeister Markus Pannermayr. Die Auszeichnung sei ein weiterer Baustein, der die Attraktivität Straubings als Studienstandort erhöht.

„Die beiden Preisträger haben sich mit hochaktuellen Themen beschäftigt und in ihren Arbeiten hervorragende Leistungen gezeigt. Besonders freut mich, dass beide nach eigener Aussage während ihres Studiums ihre Verbundenheit zu Straubing entdeckt haben und eine davon sogar mit Familie in der Region ihren Lebensmittelpunkt haben wird.“